Ainyael Schattenkralle

17.04.2014

 

Es war eine langsame und nervenraubende Hetzjagd. Seitdem im Morgen der Hirschbock in die Falle gegangen war, waren die beiden Elfen unterwegs gewesen. Es war eine Auslösefalle gewesen, die zwei dünne, vergiftete Nadeln verschoss. Mit ihr wollte Ainyael eine seiner neuesten Kreationen testen und ihre Tauglichkeit für die Jagd prüfen. Ithedilyen sah zu seinem Gefährten herüber. Nach einem halben Tag Dauerlauf war er sichtlich erschöpft, begann langsam zu hinken. Ein Zeichen dafür, dass seine alten Verletzungen, obwohl äußerlich bis auf Narben verheilt, ihm immernoch zusetzten. er hoffte, dass das Tier bald erlag oder Ainyael sein Gift für untauglich befand. Umso länger die Situation anhielt, umso größer war die Wahrscheinlichket, dass Ithedilyen seinen Gefährten heim tragen würde müssen.

 

Neben ihm stieß Ainyael einen leisen Pfiff aus. Einen Moment später war er bereits über einen Baumstamm gesprungen und sicher auf dessen anderer Seite gelandet. Ithedilyen umrundete den Stamm, warf einen kurzen Blick auf den Boden zu Ains Füßen, der bereits weiter sprang. Zu des Elfen Erleichterung war er relativ weich gewesen, was eine geringere Belastung des Körpers bedeutete. Er folgte Ainyael nach, dessen Hinken langsam nicht mehr zu verbergen war.

 

Plötzlich hielt Ainyael abrupt an. Ithedilyen, noch in sorgenvollen Gedanken, stolperte fast in dessen Rücken und keuchte aus. "Was ist?", tuschelte er leise. Ainyael stand wie angewurzelt, rührte sich keinen Millimeter. Ithedilyen sah sich um, konnte aber nichts entdecken. Irritiert hob er eine Braue. Erneut plötzlich ging Ain in die Hocke, dann überwallte eine magische Welle die beiden Männer. Vollkommen überrascht schlug Ithedilyen die Magie in den Nacken, hinterließ dort mit voller Macht pures Unwohlsein und ließ den Elfen rückwärts taumeln.

 

So schnell sie kam, so schnell war die Magie vergangen. Ithedilyen brauchte einen Moment, um zu sich zu kommen. Er schüttelte sich kurz, dann sah er zu Ainyael. Doch dort, wo sein Gefährte in die Hocke gegangen war, fand er ihn nicht mehr. Sofort stieg Panik in ihm auf, schnell ließ er den Blick wandern und fuhr abrupt herum, als er eine Hand an seiner Schulter spürte. Der Umhang, der ihn stets zur Gänze verhüllte, folgte seiner Bewegung noch, als er schon beruhigt ausseufzte. Ainyael blinzelte ihn fragend an.

"So schnell warst du selten," gestand Ithedilyen. Er musterte das Gesicht des Blinden eingehend, denn aus irgendeinem Grund war etwas seltsam an ihm geworden. Was es war, war dem Elfen noch nicht klar. Ainyaels Stirn war kraus gezogen, beunruhigt, vielleicht auch leicht panisch, stierte sein leerer Blick Ithedilyen entgegen. Der Blinde nickte kaum merklich.

"Gehen wir heim."

Seine Stimme klang eindringlich. Dennoch konnte der Jäger den Sinneswandel seines Gefährten nicht nachvollziehen.

"Der Hirsch ist mit Sicherheit ebenso umgeworfen worden. Er ist erschöpft und setzt sicher nicht - "

Abrupt wandte Ainyael sich um und ging. Irritert stutze Ithedilyen, folgte ihm nach einem kurzen, musternden Blick über die Schulter.