27.06.2011

 

Leise seufzend ließ er sich auf dem blättrigen Lager seiner Höhle nieder. Eine Woche war jetzt vergangen, eine ruhige, dennoch misslaunige Woche. Eine einsame Woche. Seit Jahrhunderten war er allein gewesen, von der Gesellschaft Mutter Uhus einmal abgesehen. Seit Jahrhunderten hatte es ihm nichts ausgemacht auf irgendetwas zu warten. Aber bei den Göttern! Diesmal konnte er kaum warten. Stets, wenn er in der Stadt gewesen war, sich auf den Platz am Pavillon gesetzt hatte, hatte er nicht nur aufs Wasser sondern ganz besonders auch in Richtung Portal und Enklave gesehen. Nahezu sehnsüchtig wartend hatte er ausgeharrt. Doch nun, nach einer Woche, drohte ihm langsam der Geduldsfaden zu reißen. Wann endlich kam sie wieder?

Eine Woche also. Eine Woche lang darüber brüten, wie die allgemeinen Unterrichtsstunden aussehen sollten. Eine Woche lang über der Organisation des Sommerfestes brüten. Ein paar Tage wurde er unterbrochen von dem Meditationsunterricht, den die Füchsin Iden als Strafe bei ihm erhalten sollte. Letztlich war er aus Ungeduld gar beim Teehaus gewesen. Sogar ein kleines Treffen mit seinen Bekannten hatte er abgehalten, ihnen von den Neuigkeiten der letzten Wochen erzählt. Natürlich mit minderem Erfolg und weniger Interesse, aber immerhin hatte er so auch von ihnen einen Auftrag bekommen. Sie wollten im Hyjal helfen. Eine Aufgabe, die Meister Bärenfährte sicherlich mit Wohlwollen begrüßen würde. Und trotzdem musste er den Unterricht und das Sommerfest noch planen. Und den Einsatz im Hyjal eben auch. Über Arbeit konnte er sich wirklich nicht beschweren.

Doch was nützte einem alle Arbeit, wenn man sich eh nicht darauf konzentrieren konnte? Sicher, Leliane hatte ihm gesagt, dass sie wiederkehren würden. Aber er wusste weder wann noch in welchem Zustand sie zurückkehren würde. Außerdem wusste er nicht, wie es ihr ging. Und damit war nicht nur der allgemeine Zustand gemeint, sondern vielmehr noch solches wie der Zustand ihrer Lagerstätte oder die Häufigkeit und Art ihrer Nahrung. Ja, man konnte ihn durchaus als überfürsorglich betiteln. Aber sie war auch gerade erst erwachsen. Und außerdem noch in Ausbildung. Man sorgte sich eben, auch, wenn er wusste, dass es wohl eigentlich umsonst war. Aber so war es und es war noch immer neu für ihn.

Jahrhunderte, gar Jahrtausende lang war er also allein gewesen. Bis vor kurzem. Nun aber wünschte er sich die junge Elfe an seine Seite, ihr Schmunzeln, die eleganten Bewegungen, die kurzen, flüchtigen, vor Zuneigung strotzenden Gesten. Stets, wenn er sie sah, hatte er Mühe damit sich auf anderes oder andere Personen zu konzentrieren. In ihm wollte sich alles nur an ihr satt sehen, nur sie sehen, die Art sehen wie sie stand, ging, saß, sich bewegte. Warum ihn das dermaßen anzog, war ihm noch immer nicht recht bewusst. Klar war aber, nur sehen reichte ihm schon lang nicht mehr. Stück um Stück hatte sich Leliane hartnäckig in seine Gefühlswelt geschlichen, hatte mit ihrer Sanftheit und Intelligenz gewusst sein Herz für sich zu erweichen. Und sich seinen Respekt mehr als verdient.

Und nun lag er allein in seiner Höhle, stierte den Ausgang an, in der Hoffnung die Zeit würde schneller vergehen. Doch das tat sie nicht, Minute um Minute fraß sich so die Ungeduld tiefer in ihn hinein. Es war bestimmt nichts geschehen. Ihr Shan’do kannte sie und wusste, was er ihr zutrauen konnte und was nicht. Eines Tages, da war er sich sicher, würde er Leliane genauso und noch besser kennen. Eines Tages. Er musste nur warten.