Calyon - Die Wüste Tanaris

Sachte fiel das Mondlicht auf die Feder in seiner Hand, ließ diese matt schimmern. Er drehte sie zwischen den Fingern, ein weiteres Mal. Leise seufzte er, sah sich um. Die kleine Gruppe Druiden hinter ihm sah ihn abwartend an, fast schon erwartungsvoll. Was sollte er tun, wohin sollte er sie führen? Warum hatte gerade er weg gemusst... es gab so viele erfahrene Druiden. Aber nur einen Calyon Bärenflanke. Vielleicht war das der Grund... vielleicht.

„Bruder, in welche Richtung?“ Die Stimme des jungen Elfen riss ihn aus seinen Gedanken. Noch immer mit der Feder in der Hand spielend wandte er sich um. Die Züge des Kaldorei, der fragend noch vorn getreten waren, zeigten Verwirrung. Jung war er, das lange, helle Haar war nach hinten gebunden und ließ so die typischen hohen Wangenknochen der Jugend fast herausfordernd vortreten. Wieder seufzte Calyon leise. Diese Landstriche waren nicht mehr seine Welt. Sand, Sand und noch mehr Sand. Und irgendwo hier sollte eigentlich eine Trollruine stehen. Eigentlich. „Wir gehen noch ein Stück. Dann werden wir Rasten. Bruder Halon, fliegt bitte los und sucht nach Wasser. Wir werden es nötig haben.“ Ein schmaler, aber wendiger Druide mit dunkelblauem Haar nickte, wandelte sich und flog los. Calyon selbst nickte ebenfalls, als er sich wieder um wandte streifte sein Blick über die anderen vier Kaldorei. Keiner von ihnen schien wirklich überzeugt, dass sie hier richtig waren. Calyon selbst allerdings auch nicht. Er stapfte die Sanddüne herunter, behielt die Feder fest im Griff. Er rutschte mehr und stolperte, als dass er ging, aber er blieb aufrecht. Der trockene Sand schob sich zwischen seine Zehen, in die Hose hinein und den Körper hinauf. Über Ärmel und Hals stob ebenfalls Sand unter seine Kleidung, fing an seine Haut aufzureiben. Nicht gut, alles nicht gut. Dies war nicht seine Welt und würde es nie sein.

Nur wenig waren sie weitergekommen, hatten sich über eine neue Sanddüne gekämpft, als Halon wieder bei ihnen eintraf. Einer der anderen Druiden gab ihm zwei Trinkschläuche in die Krallen, woraufhin der Vogel wieder fort flatterte. Sie hätten alle fliegen sollen. Einen Thero'Shan mitzunehmen war keine gute Idee gewesen. Aber das war Bärenfährtes Strafe für Calyon. Zu oft hatte er sich mit dem Shan'do angelegt. Zu oft war er rebellisch gewesen, hatte offen mit ihm gestritten. Irgendwann würde es selbst Calyon lernen, dass der Andere am längeren Hebel saß.

Wieder verging nur wenig Zeit, bis Halon mit voll gefüllten Trinkschläuchen einkehrte. Eine Quelle musste also in der Nähe sein, das war beruhigend. Erleichtert nahmen die Druiden dem Vogel das Wasser ab, dieser wandelte sich und wie automatisch schlugen sie ihr Lager auf. Mitten auf einer Düne, oben auf mit dem Blick frei bis zum Horizont. Doch viel gab es nicht zu sehen, außer noch mehr Sand. Calyon friemelte die Feder wieder an die Kette und ließ sie unter seiner Robe verschwinden. Während die Anderen sich zur Rast bereit machten blieb er auf den Beinen, strebte von ihnen weg und setzte sich viele Schritt weit weg zu Boden. Der Sand rann ihm zwischen den Zehen hindurch, während er seinen geschundenen und schmerzenden Körper zum Sitzen quälte. Nach den vielen Tagen der Suche in der Wüste hatte ihm der Sand mittlerweile die ersten Hautschichten unter der Robe aus schwerem, beschlagenem Leder bereits weg gerieben. Murrend rieb er sich über den Bauch, seufzte anschließend und besah sich seine Füße. Rot waren sie, zerschunden und aufgerieben. Aus der Tasche seiner Robe zog er eine kleine Holzdose hervor. Lange schon hatte er nicht mehr von deren Inhalt genommen, lange schon nicht mehr für sich selbst genutzt. Doch jetzt, jetzt musste es sein. Er war dabei sein Gleichgewicht zu verlieren, würde der Schmerz ohne Linderung weiter so in seinem Verstand hämmern. Er wischte sich über die Füße, in der vergebenen Hoffnung sie vom Sand befreien zu können. Doch knurrend gestand er sich ein, dass er würde die Salbe, den Inhalt seiner Holzdose, so aufbringen musste. Mit Sand. Er hoffte auf sein Glück auf Linderung, wandte den Blick auf seine Holzdose, wollte sie öffnen. Calyon stutzte. Was ihm bis eben nicht aufgefallen war, stach ihm jetzt fast schmerzlich ins Augen. Über die eins ebene Fläche des Holzes zogen sich feine Schnitte, zeigten Muster uns sogar Bilder. Sich wundernd hob er eine Braue, drehte die Dose in seiner Hand und besah sie sich genauer. Bären jagten Rehe im Wald, Vögel flogen über den Wolken der Sonne entgegen, Robben jagten Fische in Riffen. Calyon seufzte. Winarwin musste vor seiner Abreise noch einmal da gewesen sein. Die Nackenhaare des Druiden stellten sich auf. Sein Schüler musste nicht nur anwesend gewesen sein, er musste auch an Calyons Tasche gegangen sein. Winarwin musste ihn berührt haben. Er war berührt worden, ohne davon gewusst zu haben! Wut und Panik stiegen in Calyon auf und murrend schnaufte er aus. Er öffnete zornig die Dose und nahm die grünliche, stark nach Kräutern riechende Salbe auf. Winarwin hatte sich tatsächlich getraut an seine Tasche zu gehen! Aggressiv schmierte er sich die Salbe um die Zehen, bedeckte die Füße bis hin zu den Fußknöcheln damit. Winarwin hatte ihn einfach berührt, sogar die Finger in seiner Tasche gehabt... ohne Erlaubnis! Knurrend verschloss er die Dose wieder, rieb sich die Salbe in die Haut ein, ungeachtet der Sandkörner, die so kurzzeitig noch intensiver über Calyons Haut schrubbten.

Der Druide rieb sich noch immer knurrend die Fußknöchel ein, als Halon zu ihm trat und leise die Stimme erhob: „Ihr scheint mit Euch zu hadern.“ Was? Natürlich haderte er! Calyon wusste weder, wo es hingehen sollte, noch wie lange sie so sinnlos wie bisher umher laufen mussten. Und dazu noch die Erkenntnis, dass sein geliebter Schüler, sein Winarwin, wissentlich eine Grenze Calyons überschritten hatte! „Nrm hrm.... Ihr wisst selbst, wie ziellos wir herumwandern. Sand, Durst und Hunger werden nicht weniger.“ Calyon sprach knurrig, Halon musste nicht alle seine Gedanken wissen. „Unter uns, was denkt Ihr, wie lange wir noch unterwegs sein werden?“ Der andere Druide ließ Sorge in seinen Worten mitschwingen. Calyon musterte den Elfen. Auch die Züge Halons ließen Sorge erkennen, so weit er in der Lage war dies zu erkennen. Vermutlich lagen noch mehr Emotionen in seinem Blick. Nachdenklich ließ Calyon die Augen zum Lager der Druiden wandern. Der junge Elf, Saimar nannte man ihn und er war Halons Schüler, schien inzwischen stark mitgenommen zu sein. Er war hellhäutig, die Sonne hatte seine Haut in rote Flächen verwandelt. Dazu kamen noch die mahlenden Sandkörner, das wenige Essen und noch weniger Wasser. Saimar sah alles andere als gesund aus und ließ sich kraftlos auf eine Decke fallen. „Ihr sorgt Euch wegen Eures Schülers, Halon?“ Calyon schmälerte die Augen, sah den andern Druiden direkt an. Dieser nickte. „Er muss wieder heim. Ihr wisst, dass ich ihn nicht alleine werde gehen lassen können.“ Nun war es Calyon, der ein Nicken zeigte. „Sicher. Die Reise war anstrengend, vermutlich viel zu sehr für ihn. Lasst ihn schlafen, essen und trinken und kehrt dann heim. Ohne Euch sind wir immerhin noch zu dritt.“ Halon schien wenig begeistert. „Wenn ich Euch dennoch helfen kann...“ Doch Calyon schnitt ihm das Wort ab. „Nein. Geht heim, kümmert Euch um ihn. Er ist talentiert und sollte unter solchem wie dem hier -“, er hob eine Hand voll Sand hoch und ließ sie sich durch die Finger rieseln, „nicht länger leiden müssen als nötig, bis er so weit ist.“ Noch immer beherrschte Calyon ein knurriger Unterton, der Halon aber nicht im geringsten zu stören schien. Der Druide nickte, wandte sich wieder zum Lager um und ließ Calyon mit seinen Gedanken allein.

 

Seufzend sah Calyon wieder nach vorn. Wie würde er die Gruppe weiter führen? Halons Verlust in dieser Sache nahm auch ihn mit, wenn er ehrlich war. Halon war einer, den er gut und gern als Freund betitelt hätte und eine erhebliche Motivationsstütze für ihn. Nach Merhan und Mutter Uhu vermutlich die wichtigste Person in seinem Leben. Aber was sollte er tun? Er verstand die Sorge des Druiden seinem Schüler gegenüber. Wäre es Merhan, er hätte nicht anders gehandelt. Calyons Aufgabe bestand darin zu tun, was von ihm erwartet wurde. Und in diesem Fall wurde erwartet, dass er diese Trollruine ausfindig machte und dem vermeintlichen Hexer das Handwerk legte.

Einige Monate zuvor waren beunruhigende Meldungen aus nahe beiwohnenden Kaldoreisiedlungen in Nachthafen eingetroffen. Es handelte sich um einen Schemen, einen Schatten, der sich durch die Gegenden zog. Ab und an verschwand ein Bewohner für ein oder zwei Tage, kehrte wieder und war charakterlich völlig verändert. Diese Personen wurden irgendwann hochgradig aggressiv, fielen Leute an, begingen Morde. Schließlich sah man sich gezwungen sie gefangen zu nehmen. Aber auch das ließ keine Ruhe einkehren, sie entwanden sich, flohen, begannen umso mehr wirres Zeug zu reden. Eine Priesterin stellte schließlich eine Form der Verzauberung fest, bat den Zirkel um Hilfe. Doch kein Druide konnte wirklich helfen. Nach der Phase des wirren Redens kränkelten die Personen, verdarben, verwesten bei lebendigem Leib. Bis sie schließlich erlagen. Man dachte an eine Art der Besessenheit und zugegebenermaßen, das leuchtete Calyon ein, wießen ein paar Zeichen darauf hin. Aber bevor er hierher geschickt wurde, hatte man, zumindest in Feralas, andere Dinge in Erwägung gezogen. Einige der Schildwachen waren nachts den Betroffenen gefolgt und hatten mitbekommen, dass ein Stamm Trolle sich um einen Hexer gescharrt hatte. Er wieß sie an, Informationen der Kaldorei einzuholen, gleichzeitig aber auch einige von ihnen zu töten. Jene Betroffenen waren, aufgrund fehlender bekannter Gegenmaßnahmen, eliminiert worden. Schließlich hatten sie in einem größeren Angriff den Stamm aus Feralas heraus treiben können. Zumindest dort hatten diese Vorkommnisse dann ein Ende gefunden.

Einige Nachforschungen später hatte man bemerkt, dass jener Trollstamm auch gegen die in Tanaris ansässigen Trolle vorging. Unter ihnen ging das Gerücht um eben jene Ruine, nach der Calyon nun suchen sollte. Sie gingen davon aus den Hexer zu finden und erlegen zu können. Calyon war ausgewählt worden, da er, wie nur wenigen bekannt war, ohnehin in sich einen Fall der Besessenheit barg. Da dieser übermäßig mächtig war, war die Möglichkeit ihn an einen Hexer zu verlieren relativ gering. Aber das war eine Tatsache, die für seine Begleiter nicht galt.

Mit einem Seufzen erhob er sich, wandte sich zu dem druidischen Lager um. Die verzierte Dose wurde wieder zurückgesteckt. Die Salbe, trotz dessen, dass sie noch mehr Sand in seine wunden Füße gerieben hatte, half immerhin gegen die Schmerzen. Er erklomm die Düne, wollte an deren anderer Seite zu dem Lager herunter, doch erschrocken verharrte er an deren Scheitelpunkt. Die Druiden des Lagers waren aufgesprungen, hatten sich genauso erschrocken in jene Richtung gewandt, in die auch Calyon blickte. Und was er sah, ließ ihm den Atem in den Lungen stocken.

Hinter dem Lager, just den Weg her, den sie genommen hatten, zitterten die sandigen Dünen. Wind war aufgekommen, wirbelte in halber Entfernung um die Dünen herum, nahm Sand auf und verbarg sie kurzerhand vor allen Blicken. Ein Donnern und Tosen erfüllte den Abend, der Wind breitete sich aus, bis er an den Roben der Elfen riss. Blitze fuhren nieder. Eilig war Calyon zu den anderen herunter gelaufen, nun standen sie dicht beisammen, sahen sich ängstlich um und gegenseitig an, harrten der Dinge, die da kommen mussten. Halons Züge schrien regelrecht Angst und Sorge, den Wunsch zu Flucht heraus.

Calyons Blick wandte sich nicht von den Dünen ab. Während um ihn herum Angst die Männer ergriff, sanken seine Mundwinkel grimmig noch einige Stücke tiefer. Er schnaubte, schloss kurz die Augen. Binnen eines Herzschlages entlud er sämtliche, ihm zu Verfügung stehende Magie, ließ sie über die erschrockenen Druiden fahren, stieß den Wind zurück. Mit einem Auffauchen stieß er eine Hand vor, schob Magie und Wind von sich weg in Richtung der aufbrausenden Dünen. Erschrocken und schockiert musterten ihn die anderen, als es so wieder still wurde. Er selbst atmete schwer, während Halon auf ihn zu trat. „Eure Intension in allen Ehren, Bruder, aber derlei wäre nicht nötig gewesen.“ Hörte er da Bitterkeit in seinen Worten? Enttäuschung? Calyon wusste es nicht, sah ihn mit einem Knurren und grantigem Blick an. „Wir werden dorthin gehen.“, war seine gebellte Reaktion darauf. Und einer der Befehle, die er sein Lebtag lang bereuen würde.

Calyons Magie hatte den Wind wieder um die Dünen gelegt. Während die Druiden, seinem Befehl folgend, das Lager gepackt und sich auf den Weg gemacht hatten, erstarb Minute für Minute der Wind. Er gab den Blick frei auf etwas, dass sie erwartet hatten: Die Ruine. Sie hatte sich aus den Dünen gehoben, als hätte sie den Tag verschlafen und wäre nun mit einem großen Gähnen aufgewacht. Sie war nicht viel mehr als Mauern, von denen nur noch wenige standen, das wurde aus der Entfernung schon klar. Beim Näherkommen erkannte Calyon, dass sie mit dunklen Tüchern überspannt war, die wohl nun das Dach des verfallenen Gebäudes darstellten.

Schließlich standen sie direkt vor der Ruine. Der Eingang war alles andere als schwer zu finden, wippte doch im seichten Wind ein Vorhang aus dünnem Stoff. Das Gebäude lag ruhig, keine Bewegung, kein Leben war auszumachen. Und auch kein Unleben. Dennoch traute selbst der alte Druide sich nicht hinein. Hatte er schon arkane Magie gewirkt und die Umgebung ins Stinken gebracht, so war das hier Höllengeruch, der in ihre Nasen stieg und in den Nacken der Kaldorei kribbelte. Nicht nur Calyons Arkanes lag hier, vielmehr zog sich eine Spur von Nether zum Eingang hin, strahlte ihnen entgegen, wieß sie an einzutreten. Er fühlte die Fesseln in seinem Inneren, die seine eigene Besessenheit, das andere Wesen in ihm, hielten, langsam erzittern. Auch Es hatte mitbekommen, wo sie waren und was er da tat und schien begierig darauf mitzumischen. Brummend konzentrierte er sich, bis es keinen Laut mehr von sich gab und er sich vollends konzentrieren konnte.

Wieder war es Halon, der auf ihn zutrat. „Wir sollten dort hinein.“ Diesmal erkannte Calyon die Unsicherheit hinter den Worten und auch ihm war bei dem Gedanken nicht wohl. Sein Blick strich versichernd und musternd über die anderen. Unschlüssig standen sie da, eher zur Flucht als zum Angriff bereit. Saimar mit seiner Dürre und der roten Haut, gab einen bemitleidenswerten Eindruck ab. Doch was sollte Calyon tun? Seine Aufgabe war es, dort hineinzugehen und den Hexer zu stellen. Würde er jetzt, kurz vor dem Ziel, kehrt machen, würde diese Gefahr weiter lauern. Er stieß ein Seufzen aus, sah Halon wieder an. „Wenn du es für dich und ihn richtig erachtest, dann geh. Der Rest wird diese Aufgabe mit mir zu Ende führen.“ Calyon sprach die Worte mit Ernst, aber auch offener Sorge, die bei ihm selten zu finden war. Halon nickte. Auch er sah zu Saimar, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Saimar hält sich im Hintergrund. Ich werde mit dir gehen. Freunde lässt man nicht im Stich und du wirst alle Hilfe brauchen können.“ Halons ehrlicher Blick schwappte in Calyons tristes Gemüt. Tief in seinem Inneren keimte glückliche Freude auf, wurde sofort hinfort gerissen von der Wehmut, die ihn ergriff. Freunde an seiner Seite hatten die Angewohnheit zu sterben. Er wollte sie nicht mehr und hatte sich lange Zeit schon dagegen entschieden. So erntete Halon lediglich ein Nicken, bevor der alte Druide sich abwandte und den Vorhang der Ruine beiseite schob.

Dunkelheit schlug ihm entgegen, bei der sogar er einige Moment brauchte um sich zu orientieren. Calyon schluckte, verharrte erst einmal, dann sah er sich um. Abgebröckelte, versandete Mauern, die sogleich abbogen und den Weg nach rechts führen ließen. Keine Möglichkeit sonderlich weit zu sehen. Das Verderben, das sich den Boden entlang zog, folgte auch diesem Weg. Immerhin: Jener Urheber musste also dort entlang gelaufen sein. Sein Nacken kribbelte, die Anspannung wuchs an. Ob er wirklich hier jenen Hexer finden würde? Einen Blick warf er nicht zurück, als er gänzlich im Eingang verschwand.

Saimar seufzte auf. Er sollte da wirklich mit hinein? Immerhin war es dunkel, das würde ihn eine Weile vor den zermürbenden Sonnenstrahlen schützen. Aber war die Sonne so schlimm? Sein Nacken zog und brannte, die verdorbene Magie, der Calyon nun folgte, roch und zerrte an ihm, als wolle sie ihn auseinander reißen. Wie konnten die anderen Druiden das aushalten? Er blickte auf Halon, der selbst erst einmal unsicher neben dem Eingang verharrte und den Blick erwiderte. Er nickte Saimar zu, dann verschwand auch er in der Ruine. Ihm folgten die anderen beiden Druiden, bis nur noch Saimar allein draußen stand. Und seufzte. Wollte er nicht allein in dieser unbehaglichen Gegend sein, würde er mitgehen müssen. Und so verschwand auch er in der kühlen Dunkelheit des Einganges.

Die kleine Gruppe war unbehelligt einen langen Gang entlang geführt worden. Nach der anfänglichen Rechtskurve folgte ein gerades Stück, ehe eine Haarnadelkurve nach links folgte und sie auf der anderen Seite der Mauer den gleichen Weg zurückgehen ließ. Doch auch hier wandte sich der Weg bald nach rechts, nach einem langen Stück nach links. Er schien eine große Fläche zu umrunden. Als sie erneut um eine Linkskurve gezwungen wurden, stockte der alte Druide. Aus dem Gang wurde eine Art Zimmer geformt, mit einem runden Abschluss. Nach links hin verbarg ein weiterer Vorhang die Sicht, doch er wehte. Scheinbar ging es dort wieder nach draußen. Viel mehr als der Vorhang fingen aber die seltsamen Dinge Calyons Blick, die da in der Runde des Raumes lagen. Zuerst hielt er sie für einfache Stöcke.

Halon trat heran, an seine Seite und sah nach vorn. Er schnüffelte, verzog dann das Gesicht. „Verwesung.“, sprach er leise. Erst jetzt bemerkte auch Calyon diesen Geruch. Den Kopf irritiert und wachsam geschrägt, trat er näher. Ein flacher Leichenhaufen türmte sich in dieser Ecke auf. Der Sand zu ihren Füßen hatte Blut und Körperflüssigkeit aufgenommen, versickern lassen und nichts zurückgelassen. Zwischen einzelnen Extremitäten machte er einen Schädel aus, der noch immer mit Haut überzogen und lediglich vertrocknet war. Buntes Haar zog sich in einer typisch trollischen Manier darüber. Die Hauer waren abgebrochen, die Mimik zu einem erschreckenden Maskenspiel verzerrt. Doch es blieb nicht bei einem einzelnen Schädel. Selbst Saimar erkannte darunter vielerlei verschiedene Gesichter, teils kleinere, weichere, vermutlich Frauen. Und sogar Kinder. Die Haut war oftmals von Tätowierungen überzogen worden, die allesamt ähnlich waren. Der Hexer musste seinen ganzen Stamm getilgt haben. Als diese Erkenntnis über den jungen Kaldorei hereinbrach, schluckte er vor Entsetzen. Und hier sollte er beiwohnen? Hatte Halon sich da nicht verrechnet? Aber er würde tun, wozu er angewiesen worden war: Im Hintergrund bleiben. Und so zog er sich zurück in den Gang, drängte sich an eine der Wände und blieb ruhig.

Selbst Calyon musste kurz schlucken, als er sich von diesem Anblick losriss. Er hatte schon viel gesehen, vor allem viel Grauenvolles und Verstümmeltes. Aber dass jemand so weit ging einen gesamten, wenn auch kleinen, Stamm auszurotten? Und das als Angehöriger? Sie würden mehr als vorsichtig sein müssen. Er wollte sich gerade herum wenden, um sich mit Halon abzusprechen, als er leise, geschlurfte Schritte vom Vorhang her vernahm. „Itzebitze – klein, wer ist da denn mein? Habe ich Besuch bekommen, ist die Zeit wie Sand zerronnen.“ Dem schauderlich verzogenen Satz folgte ein irres Giggeln, dann wurde auch schon der Vorhang beiseite gezerrt.

Eine Fratze von einem Troll kicherte der kleinen Druidengruppe entgegen. Wild war das Haar zerzaust, der Körper sehnig, am Hungern, nur noch durch Verdorbenes am Leben gehalten. Runenhafte Muster zogen sich in violettem Glimmen über die lederne, grüne Haut. Die einst prunkvollen Schmuckstücke an Ohren und um den Hals waren zerzaust, abgefallen, heruntergekommen. Die einstige Robe nicht mehr als ein Fetzen. Als der Troll auflachte, entblößte er grünliche Zähne, glimmten die Augen in hellem Violett auf. „Einer ist es, der wird sein, vier die sind es, die sind mein!“

Irritiert blieben die Elfen zunächst stehen, begafften regelrecht den Troll. Keine Frage, das war derjenige, den sie suchten. Der Troll troff vor Nether, stieß ihnen eine Welle davon regelrecht bei seinem nächsten Auflachen entgegen. "Viere nehm ich, einen lass ich. Viere gehen, einer wird!" Irre lachte das Wesen, ließ die alten Knochen des Schmuckes aneinanderklingen. Saimar war es, den als erstes die Panik packte. Mit einem ängstlichen Aufschrei drehte er sich herum, wollte den Gang zurückrennen. Doch die Reaktion des Trolles war, entgegen seinem fahlen, ausgemergeltem Äußeren zu erwarten, schnell.

Eine knochige Hand wurde ausgestreckt, dunkle Runenmuster glimmten in hellem, leuchtenden Violett auf. Die Mauer zu Calyons linker stürzte ein. Ein Aufschrei, der schnell erstickte, als die Steine fielen. Halon jappste auf, rannte in jene Richtung. Vor dem großen Steinhaufen blieb er stehen, senkte seinen Blick auf das Entsetzen, das er sah. Saimars schreckenverzogenes Gesicht starrte ihm entgegen, leblos, mit einer Schicht aufgewirbelten Sandes bedeckt. Der restliche Körper war verrenkt, teils unter dem Steinhaufen verborgne worden. Halons Hände ballten sich zu Fäusten, ein kehliges Knurren stieg auf, als der Elf sich zum Säbler wandelte, an den anderen Elfen vorbeisprang und den Troll anzufallen versuchte. Doch auch hier war der ausgemergelte Körper wieder schneller. Angsterfüllt sahen die verbleibenden Druiden zu, wie Halons Körper aus der Wandlung sprang und von einer Welle Nethermagie getroffen wurde. Er sauste ihnen entgegen, zeitgleich mit jener Magiewelle. Es traf sie alle, wirbelte sie an die Wand hinter sich, ließ sie hart aufkommen und zu Boden rutschen. Quer über ihnen lag Halons bewusstloser Körper. Das irre Lachen des Trolles hallte in der Ruine wider.

Nur einer, der hatte von all dem nichts mitbekommen. Calyons Inneres war bei dem Anblick des Trolles in Aufruhr geraten. Unbeeindruckt vom Tod Saimars oder dem folgenden Angriff, war er in die Knie gegangen. Der Atem ging schnell und tief über seine Lippen, als er mit sich selbst rang. Es schrillte in ihm wieder, wie ein Gongschlag in einem leeren Raum. Ohrenbetäubend klang es, rüttelte an seiner Umzäunung. Verzweifelt hielt sich Calyon den Kopf, rang um Kontrolle. Als die Welle Nethermagie über sie herstob, die anderen fort warf, war es beendet. Die inneren Beschränkungen Calyons sprangen regelrecht auf. Sein Körper wurde geflutet von dunkler Magie, Hass, Zorn, Machtgier, einem dunklen, hinterhältigen Lachen. So vehement war dieses Wesen in ihm, dass er selbst zurückgedrängt wurde, zur Untätigkeit verdammt. Und das war der Moment, auf den Troll und Wesen gewartet hatten.

Während die drei verbliebenen Elfen noch versuchten sich zu erheben, Halon gerade wieder am Aufwachen war, stand Calyon langsam auf. Als er die Augen öffnete, glimmten sie in einem ebenso strahlenden Violett, wie jene des Trolles. Dieser warf sich wild lachend auf die Knie. "Einer ist meiner, einer ist meiner! Der da ist meiner, das da ist meiner! Jetzt bin ich seiner!" Freudig sprang der Troll um den großen Druiden herum, klatschte irre in die Hände. Aber nur, bis er zu Calyons rechter Seite gelangt war. Kraftvoll riss der Elf einen Arm hoch, packte den Schädel des Trolles, drückte zu. Die Freude des Hexers schwand, wandelte sich in einem letzten Erkennen in Panik, dann in Schmerz. Der Griff wurde fester. Starr vor Schreck sahen Halon und die anderen beiden zu, wie zuerst der Schädelknochen des Trolles knackte, dan nachgab. Der Körper wurde nach einem Aufwimmern leblos, hing von der Hand des Elfen wie eine Puppe herunter. Doch noch immer drückte jener zu. Aus dem ausgemergelten Gesicht wurde nach und nach ein weiches, unförmiges Etwas. Schließlich wurde der Körper mit Wucht auf den Leichenhaufen geworfen, wandte sich Calyon seinen drei Brüdern zu.

Als er sprach, war es nicht die Stimme Calyons. Sie war dunkel und tief, unwirklich, kühl, hallend, außerweltlich. "Artig seid Ihr mitgekommen, meine Brüder. Nun holt Euch Eure Belohnung ab." Der Druide neben Halon erhob sich. "Niemals werden wir! Du nennst dich Druide! Hinter's Licht geführt hast du uns! Uns und den Zirkel!" Auch der andere erhob sich, stimmte nickend zu. "Sogar getötet hast du einen von uns! Calyon Bärenflanke, du bist ein Verräter deiner eigenen Brüder!" Halon blieb ruhig. Was machten die beiden dort? Erkannten sie nicht, dass das nicht Calyon war? Dass sie vorsichtig sein mussten?

Selbst wenn sie es erkannt hätten, hatten sie nicht die Zeit dazu. "Wenn das Eure Wahl ist, dann gebe ich Euch Eure Belohnung sehr gern." Calyons Gesicht zierte ein kaltes Lächeln, als er einen Schritt auf sie zu trat. Neben Halon knackte es zu beiden Seiten, panische Aufschreie erklangen, erstarben. Er schloss die Augen, bevor ihn Blut und Körpergewebe der auseinanderbrechenden Körper überflossen. Wo war er nur hingekommen? Das war nicht sein Freund, der das tat. Es war lediglich sein Körper. Calyon hätte so etwas nie tun können. Doch wie, wie sollte er hier auf einen grünen Zweig kommen? Mit einem tiefen Luftholen blickte Halon auf. Und Calyon erwiderte den Blick. "Und du? Was willst du?" Halons Gesicht zeigte Angst, offen und ehrlich. Eine Regung, die Calyons Lächeln breiter werden ließ. "Du willst fort? Den Elfen berichten?" Halon schwieg, aber schüttelte den Kopf. "Nicht? Was dann? Hier bleiben, heißt Dienen. Aber Dienen... das kennst du schon, hm?" Kalt lachte Calyon auf. Einen Moment, den Halon zum Aufstehen nutzte. Ruhig erklang seine Stimme. "Die anderen mögen dich für Calyon gehalten haben. Ich tue das nicht. Gib ihn frei." - "Freigeben? Nein. Solch ein Potenzial lasse ich nicht frei laufen. Und noch weniger lasse ich die Ketten, die ihn halten, unangetastet." Während er noch kühl und vergnüglich gluckste, drehte sich Calyon herum und ging in den Innehof der Ruine. Auf dem Boden, teils von Sand bedeckt, zogen sich Runenmotive in Kreisen herum, glimmten, pulsierten. Sie alle hielten sich zentral um eine Sache, die in der Mitte des Platzes aufragte. In einem Geflecht aus schwarzvioletten Ranken, dornenbesetzt, war ein weiterer Körper aufgespießt worden. Halon erkannte ihn nicht auf Anhieb, war das Gesicht vom langen, hellen Haar bedeckt und der Körper in dunkles Blut getüncht. Doch er atmete noch, überraschend langsam und ruhig, fast gesetzt.

In Calyons Körper regte er sich. Überflutet von dem Geist des anderen war Calyon zurückgewichen, im ersten Moment vollkommen überfordert. Doch noch immer teilten sie eine Wahrnehmung. Als sein Körper sich gen des Platzes gewandt hatte, hatte auch Calyon zugesehen. Und er war im Erkennen schneller gewesen, als Halon. In dem dunklen Rankengefängnis hing Merhan! Überall würde er diesen Elfen erkennen, ohne Zweifel! Grimmig war sein Aufbegehren, als Calyon ruckartig und plötzlich nach der Kontrolle seines Körpers griff. Ein tiefes Knurren schlug ihm entgegen. "Er gehört bereits mir, du bist zu spät, kleiner Elf."

Halon beobachtete, wie der große Elf vor sich ins Straucheln geriet. Er schluckte, dann sprang er vor, an Calyon vorbei, auf Merhan zu. Währrend der Elf in seinem Rücken mit sich haderte, musterte Halon das Rankengefängnis des Schülers. Wie ihn dort herausbekommen? Weit kam er mit seinem Gedankengang nicht, als er schon erschrocken einen Schritt zurücktrat. Merhans Kopf hatte sich gehoben, ein kühler Blick sich auf Halon gerichtet. Die gleiche, andersweltliche Stimme, wie sie vorher von Calyon kam, sprach nun aus diesem Mund. "Du bist zu spät, Bruder. Wir sind bereits eins." Ein kühles Lachen hallte über de Platz. Halon warf einen Blick über die Schulter, erhaschte Calyons verzweifelten Blick. Immerhin dieser hatte sich wohl wieder gefangen.

In ihm klang das gleiche kühle Lachen, wie es auch über den Platz zog, wider. Ungläubig blickte er zu dem Körper Merhans, der sich langsam aus den Ranken löste. Zuerst sah er seine Arme, die in die selben Runenmuster getüncht waren, wie die des Hexers zuvor. Danach sah er dessen Beine, die dasselbe Muster aufwiesen. Panik stieg in Calyon hinauf, Panik und Verlustangst. Das Lachen wurde heller, amüsierter. Merhan sprach, gleichzeitig hallte die Stimme in Calyons Innerem wider. "Keine Angst, mein Kleiner. Wir werden beisammen sein. Für immer!"

Halon schluckte. Ihm war bewusst, dass er gerade etwas mitbekam, was er nie hätte sehen wollen. In welcher Beziehung standen die beiden? Sie waren nur Schüler und Lehrer... oder waren die Gerüchte um die beiden wirklich wahr? Sein Blick huschte von dem seltsamen Merhan zu dem panisch - starren Calyon. Warum regte er sich nicht? Konnte er Merhan nicht einfach von hier herausbringen? War dann nicht alles wieder in Ordnung?

Calyon schluckte schwer. Was sollte er tun? Hatte er überhaupt eine Wahl? Was wäre sinnvoll? Er blickte zu Halon, der ihn zufällig gleichzeitig ansah. Halon verstand sofort. Er laß die Verzweiflung Calyons, den er zum ersten Mal wirklich offen sah, wie ein Buch. Er laß und verstand. Und binnen weniger Sekunden hechtete er zu Merhan, wandelte sich und zog den Elfen mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft. Überrascht schrie dieser auf. In just jenem Moment zog Calyons zweites Wesen den Körper auf die Beine. Doch anstatt Merhan nachzuhechten, hielt Calyon seinen Körper und somit den Willen des Wesens zurück. Er blieb, sah den beiden nach, wie Halon Merhan immer weiter in die Höhe zog.

Der Plan schien zu funktionieren. Schlichte Entfernung war es vielleicht schon, die Merhan retten würde. Das dachte Halon, zumindest am Anfang. Umso weiter er sich aber von Calyon entfernte, umso schwerer wurde Merhans Körper, umso mehr wehrte sich jener. Zuerst schlug er nach ihm, das war noch auszughalten. Dann schlugen ihm dunkle Schattenbälle entgegen.

Mit Schrecken sah Calyon zu, wie Merhan Schattenbälle auf Halon warf. Nie hatte er ihm den Umgang mit dieser Magie gelehrt. Er war verloren. Mit einem kräftigen Ruck, der auch seinem Inneren galt, riss er sich herum und wandelte. Mit schweren Flügelschlägen hob er sich in die Luft, geradewegs in die entgegengesetzte Richtung. Er warf besorgt den Blick zurück, verfolgte das Schauspiel mit Schrecken. Aber was sollte er tun? Sich zu nähern hieße, dem besessenen Merhan mehr Kraft zu geben, Halon in größere Gefahr zu bringen.

Zwei Schattenbälle konnte Halon einstecken, ehe ihn die Kraft verließ. Die Klauen der Krähe öffneten sich, ließen den jungen Elfenkörper in freiem Fall zu Boden sausen. Halons Augen suchten nach Calyon. Beruhigt stellte er fest, dass der Druide sich entfernte. Danach sahen beide aus vermeintlich sicherer Höhe dem Geschehen zu. Immer wieder fragte sich Halon, wie es Calyon dabei gehen musste. Seinen geliebten Schüler sterben zu sehen. Als es ihm vor wenigen Minuten geschah, war er voll von Hass auf diesen Troll gewesen. Dieser Hass in Calyon, zusammen mit diesem Wesen, mussten eine gefährliche Mischung geben. Würde Calyon sich dieses Gefühl überhaupt erlauben?

Als Merhan zu Boden fiel, streckte er die Arme zu beiden Seiten hin aus, als würde er Flügel besitzen. Es dauerte nicht lang, bis mit einem dumpfen Aufprall der Körper auf dem Boden aufkam, Sand aufgewirbelt wurde. Es wurde still. Als der Sand sich gelegt hatte, war Merhan verschwunden. Einen Moment später zog ein Wind auf, der Sand aufbließ, wie einen Wirbelsturm, dessen Herz der Platz der Ruine war. Langsam wurde der Sand dichter, entzog die Ruine so den Blicken der beiden druidischen Krähen.

Calyons Emotionen hatten sich vollends in den unergründlichen See in ihm zurückgezogen. Der Anblick des sterbenden Merhan war nicht mehr gewesen als ein sachtes Kräuseln auf der Wasseroberfläche. Alles war still, selbst das Wesen in ihm schwieg. Aus den Augenwinkeln erkannte er, wie sich Halon neben dem Sandwirbel zu Boden ließ. Calyon verweilte noch einen Moment, ehe er entschloss sich zu diesem Bruder zu gesellen. Das Wasser in ihm wühlte abrupt auf, drohte ihn zu überspülen. Ein kaltes, unweltliches und garstiges Lachen hallte in ihm fort. Auch Halon musste es hören. Der Elf hob den Blick und sah Calyon an. Sein Gesicht war gezeichnet von Furcht, Sorge, Angst, aber vorallem von Trauer. Halon nickte Calyon zu, dann gab der Boden unter ihm nach. Binnen eines Herzschlages war der Elf vom Wüstensand Tanaris' verschluckt worden.



Ein großer, dunkler Bär mit langem, zauseligem Fell setzte langsam und zögerlich seine ersten Schritte auf die Mondlichtung. Ein Ohr zuckte, als er über sich das leise Schlagen von Flügeln vernahm. Er hob den Blick und ließ ihn Mutter Uhu folgen, die ihm nun voranflog. Zögerlich nahm er seine Wanderung wieder auf, folgte der alten Uhudame.

Wenige Minuten später gelangte er zwischen die ersten Häuser. Niemand schien sich in dem Dämmerlicht für diesen alten Bären zu interessieren und so setzte er seinen Weg fort. Das Zentralgebäude betrat er und verblieb zunächst an dessen Eingang. Der Elf am anderen Ende, der scheinbar seit Jarhhunderten dort seinen festen Platz hatte, wandte sich herum und nickte dem Tier grüßend zu. "Ishnu, Bruder Bärenflanke. Ihr seid von Eurem Einsatz zurück, wie ich sehe." Der Bär nickte, bevor er sich wandelte. Mutter Uhu nahm auf seiner linken Schulter platz, begann mit dem Schnabel das wirre blaue Haar zu durchkämmen. Kalt und teilnahmslos klang Calyons Stimme. "Der Trollhexer, sowie sein Stamm sind eliminiert. Todesfälle sind Halon Dämmerflügel, Saimar Blätterspiel, Bregan Mondglut, Kaylen Silbersichel." Ein kurzer Moment des Schweigens strich durch das Haus. "Und Merhan." Rabine Saturna nickte. "Tragisch. Meldet Euch bei Sanjael." Calyon nickte, machte kehrt und ließ den Elfen in dem Haus allein.