29.11. Tiefenheeeeeeeim.

 

Huch, was ist denn heute passiert? Dass Meister Wolkensturm vor mir das ist, ist ja Gewohnheit. Aber Aurayeli? Sie kam doch immer auf den Gongschlag pünktlich an, doch heute war sie bereits vor mir da. Im Gegenzug dazu fehlte Meister Wolkensturm, er war nirgends zu sehen. Ich fragte Aurayeli,  ob sie sich der Uhrzeit bewusst sei, was sie verneinte. Sie achte generell nicht auf Zeiten. Also zog ich meine eigene Uhr hervor und zeigte ihr, dass sie früher war als sonst. Weil sie generell keine Uhr hat, und wer läuft heutzutage noch ohne Uhr rum, hm?!, habe ich ihr meine Zweituhr angeboten. Ein älteres Modell, das rein auf Funktionalität ausgelegt ist. Wenn sie verloren ginge, wäre das kein Weltverlust. Zu meiner Überraschung sagte sie zu und so gab ich sie ihr.

Derweil kamen Magierin Weidenbaum, der betrunkene Zwerg und Meister Wolkensturm endlich an. Während sich der Zwerg in vollem verbalen Umfang, was ungefähr mit seiner Größe korreliert, Aurayeli begrüßte, kam ich nicht umhin mich scheußlich zu fühlen. Zuerst Velano. Dann Pandialo. Und jetzt beide auf einmal! Wie soll ich das bitte durchhalten? Einen ganzen Abend lang, wöchentlich für die nächste Zeit? Den Kommentar "Nervbratzen" konnte ich mir nicht verkneifen. Und wie gewöhnlich trieb es dieser Zwerg auch gleich auf die Spitze. Mit ausgebreiteten Armen lief er auf mich zu: "Magister! Ich hab euch vermisst! Ich weiß doch, wie gern Ihr mich umarmt!" Als wenn. Ich hob das Knie und beschimpfte ihn als dauergeilen Pudel, doch das kleine, nach Alkohol müffelnde Ungetüm umarmte es nur.

 

Als ich ihm um die Ohren warf, dass ich ihn genau dafür hasste, muss wohl Pandialo aus dem Wald angekommen sein. Hinter mir hörte ich sie fragen, was sie denn nun wieder angestellt hatte. Aber ich glaube, meine Antwort, dass ausnahmsweise sie mal nicht schuld war, ging unter. Velano hatte bereits von mir abgelassen und war auf sie zugegangen. Er verbeugte sich, stellte sich Pandialo vor und sah sogar richtig freudig drein, als sie die Vorstellung erwiderte. Meister Wolkensturm holte das Portalgerät heraus, während ich nachsetzte. Schließlich kann man Pandialo auch als Nervbalg bezeichnen, ihrer Art nach. Sie entgegnete, dass ich sie immer Hörnchen nannte, was ja auch stimmte. Velano schien darüber erfreut und, ich hasse ihn dafür!, meinte, ich hätte die besten Sprüche "auf Lager". Hilfe? Kann den beiden jemand bitte mal Hirn einpflanzen?

 

Also sah ich zu Meister Wolkensturm und das wohl auch ziemlich hilflos. Während die beiden Nervkinder sich über meine Lagerstatt in der Leere unterhielten, erklärte mir Meister Wolkensturm, dss wir heute einen recht dunklen Ort besuchen würden. Magierin Weidenbaum schien auch gleich recht besorgt zu sein und hakte nach. Meister Wolkensturm entgegnete nur "Tiefenheim", dann fragte Velano schon gleich, ob jemand etwas gegen die Kälte trinken möchte. Auf die Frage, ob er auch was zu Trinken gegen Dummheit hätte, entgegnete er nichts. Nur Pandialo meinte, dass ihr Fell sie gegen die Kälte schon schützen würde.

 

Und so luden wir das Portalgerät auf. Velano maulte sogleich herum und versteckte sich hinter Pandialo, die aber auch nur rummaulte. Glücklicherweise war Meister Wolkensturm schnell mit dem Aufstellen des Portals und so sah ich zu, dass ich als erstes hindurch ging. Wenigstens ein paar Momente weg von diesem Nervvolk.

Das war vielleicht nicht meine beste Idee. Der erste Schritt war ein matschiger und als ich nachsah, was da so herummatschte, stand ich im Blut. Dementsprechend angeekelt war ich. Velano, der nach mir durchs Portal kam, bekam auch gleich Panik und rannte herum. Pandialo war die nächste und als wäre ihre sonstige Portalunverträglichkeit nicht genug, musste sie diesmal stark an sich halten sich nicht gleich zu entleeren. Meister Wolkensturm versuchte Velano zu beruhigen, immerhin war ja niemand gestorben. Zumindest nicht von uns. Das machte Pandialo aber noch panischer und so hatte Meister Wolkensturm etwas zu tun, um die beiden Angsthasen wieder zu beruhigen. Ich suchte mir derweil eine trockenere Stelle und wischte meine Schuhsohlen ab. Eigentlich ekelt Blut mich nicht sonderlich, dafür habe ich zu viel davon gesehen. Aber wenn man plötzlich drauf trifft und nicht der Verursacher ist, kann es doch ekelhaft sein. Magierin Weidenbaum schien ebenfalls beunruhigt und hakte nach. Wenn wir nicht tot wären, wo wären wir dann? Meister Wolkensturm blätterte eine Weile in seinem Notizbuch herum, bevor  er anwortete, dass dieser unterirdische Ort nicht in vielen Karten verzeichnet sei. Darum sei ja kaum je jemand hier gewesen. Pandialo erklärte wehleidig, dass sie nicht noch einmal in die Wüste wolle und Velano stimmte ihr zu. Portale seien einfach blöd. Daraufhin meinte Pandialo, dass sie schon immer gewusst habe, dass sie sie irgendwann umbringen würden oder Schlimmeres.

 

Erstens: IHR BEIDEN HABT KEINE AHNUNG, also hört auf zu jammern. Und zweitens: Wenn euch zwei etwas oder jemand umbringt, dann ich euch, weil ihr mir so verdammt auf die Nerven geht! Klappe halten oder weniger Dummschwätzen!

Das alles schluckte ich herunter. Meister Wolkensturm ermahnte uns, zusammen zubleiben. Sobald er die Messungen habe, würde es schnell wieder nach Hause gehen und er meinte, vor uns wäre schon ein guter Platz. Und so ging er auf einen der Tümpel zu und wir folgten. Lust hatte ich keine, heißt Blut ja immer Flecken auf der Kleidung. Da darf ich mir wieder was von Thaan anhören, wenn er das rauswaschen soll. Na danke.

 

Als Meister Wolkensturm halb um den Tümpel herum war, begann dieser zu blubbern. Velano konnte es nicht lassen, den Finger hinein zu stecken und "mal zu probieren". Überraschenderweise, nicht, entdeckte er, dass es wie Blut schmeckte. Derweil blubberte der Tümpel noch mehr, bis er in alle Richtungen Blut ausspuckte. Aurayeli hielt gleich Abstand, Velano rannte vom Tümpel weg. Pandialo fragte, was das sei, aber Meister Wolkensturm wusste es ebenso wenig. Der Blubber, der auf den Boden traf, formte große Tropfen, die anfingen sich zu bewegen. Sie zischten, als würden sie kochen, dann begann einer auf Velano zuzukriechen. Irritiert, aber auch ein Stück weit neugierig, sah ich dem Tropfen zu, während Pandialo den Tropfen grollend anknurrte. Velano piekste mit seinem Gehstock hinein, Aurayeli und Magierin Weidenbaum hielten sich im Hintergrund und Meister Weidensturm wich mit geballter Faust nach hinten zurück.

 

Den Blubber interessierte der Gehstock wohl nicht so wirklich. Er stockte kurz, machte dann kehrt und blubberte auf Meister Wolkensturm zu. Ein Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen, genausowenig wie das Kommentar, dass der Blubber den Gnom wohl gern mag. Pandialo verwandelte sich in das Felltier und fauchte den Blubber an. Velano und Aureyeli versuchten jeweils mit ihren Stöcken auf das Ding zu hauen. Beeindruckter war ich von Magierin Weidenbaum, die einen der schwebenden Kristalle nahm und auf den Tropfen warf. Meister Wolkensturm trat nach dem Bluttropfen, aber irgendwie überschlug sich dann alles.

 

Der Tropfen zerfiel auf Velanos Schlag hin in zwei Teile, so dass Aurayeli daneben schlug. Magierin Weidenbaums Kristall traf und ließ den Blubberteil, der vor Pandialo war, verharren. Genauso wie Meister Wolkensturms Tritt seinen Blubber für einen Moment verharren ließ. Er machte aber keinerlei Anstalten, von dort wegzukommen! Also rannte ich eilig herüber, griff den Gnom am Kragen und zog ihn fort. "Weniger fragen, mehr ausweichen!" Wenn selbst ich das erkannte, war es wirklich höchste Zeit dafür. Pandialo schlug ihren Tropfen mit der Pranke und Aurayeli schlug auf den Teil, der vor Larix gewesen war, noch einmal mit dem Stock ein. Magierin Weidenbaum versuchte es noch einmal mit einem der Kristalle, während Velano nur irritiert über die Aufspaltung stehen blieb.

 

Diesmal ignorierte das Blut leider Magierin Weidenbaums Kristall, wurde aber durch Aurayelis Schlag gezweiteilt. Der andere Tropfen, getroffen durch Pandialo, teilte sich ebenfalls entzwei. Jetzt waren es ganze vier dieser Blubberdinger und einer davon machte sich sogar auf, auf mich zuzukriechen! Was für Helden! Der erste teilte sich doch schon durch einen Schlag, wieso haut man noch mehr drauf? Wütend rief ich aus, dass niemand mehr zuschlagen sollte. Und niemand hörte drauf. Pandialo schlug noch einmal zu, Velano stieß den peinlichsten Kriegskreischer aller Zeiten aus und trat auf den Blubber vor sich. Magierin Weidenbaum warf erneut einen der Kristalle. Dann schien sich Meister Wolkensturm zu besinnen und machte das einzig Logische: Er schoß Frostblitze auf die Tropfen. Während die anderen Attacken erwartungsgemäß nichts brachten, vereiste der Frostblitz einen der Blubber. Und wie an einer Perlenschnur lief der Frost von einem zum nächsten Bluttropfen, bis alle vier als gefrorene Tröpfchen herumstanden.

Velano jubelte Meister Wolkensturm zu. Er sei der Held und der Schlag habe ordentlich gesessen. Pandialo biss in einen der Eisklumpen und ich konnte nur noch seufzen. Essig hilft bekanntlich bei Blutflecken, meinte ich, in der Hoffnung, dass es irgendjemandem half. Allen voran mir, die Flecken würde ich vermutlich selber auswaschen müssen. Pandialo spuckte das Bluteis aus, während Meister Wolkensturm durchatmete. Und endlich erkannte, dass das Schlagen die Dinger nur aufgeteilt hatte. Aber immerhin, meinte er, habe er nichts verlernt und man müsse diesen Vorfall dringend dokumentieren. Magierin Weidenbaum stellte sich dafür zur Verfügung und begann Fotografiken dazu anzufertigen. Velano nöhlte herum, ob wir weg könnten, da es hier keine Taverne in der Nähe gäbe. Eben erst einen Angriff abgewehrt und jetzt schon Trinken gehen? Was ein Zwerg. Narfz. Meister Wolkensturm meinte sich zu beeilen und während er sprach, vernahm ich eine seltsame Bewegung meiner Robe.

Angewidert stellte ich fest, dass Pandialo mir die Robe abschleckte. Grantig ging ich sie an, sie solle mir doch die Stickereien nicht zerschleddern. Sie sah nur dämlich zu mir auf. Also zog ich meine Robe von ihr weg und erklärte, sie solle sich verziehen, da der Stoff gar nicht dreckig sei. Das Felltier ließ die Ohren hängen und wandelte sich kurz drauf zurück. Sie lächelte mich an und erklärte, dass sie nur die Robe sauber machen sollte, die sei immerhin wichtig. Ich knurrte sie an, dass es dagegen einen Trick gäbe: Sie nicht dreckig werden zu lassen!

Derweil belegten Magierin Weidenbaum und Velano den Ausflug mit Fotografiken. Aurayeli weigerte sich, da ihr der Ort nicht gefalle. Verständlicherweise. Meister Wolkensturm war so freundlich, sich wirklich zu beeilen. Noch während Velano das Fotografikgerät weiter reichen wollte, gab er schon die Koordinaten nach Sturmwind wieder ein. Ich wimmelte Velano ab, weil es hier einfach nur widerlich war. Obendrein wurde man noch von Katzen angeschleckt. Und so gab er das Gerät an Meister Wolkensturm zurück und wir luden das Taschenportal auf.

 

Pandialo ergriff Velanos Hand und meinte, Wüste wäre schön, es würde aber wohl nur Sturmwind heraus kommen. Meinte sie nicht zu Beginn, Wüste wäre schlecht? Kann sie sich mal einigen, bitte?  Velano hingegen hoffte auf eine Taverne mit einem gemütlichen Feuer und leckerem Essen. Ich ließ das alles hinter mir, schüttelte den Kopf und ging, über das Katzenvieh motzend, wieder zuerst durchs Portal.

 

In Sturmwind angekommen strich ich erst einmal meine Robe glatt und seufzte. Ich war zwar um diese Erfahrung reicher geworden, aber Thaan, so er her wollte, darf das gern allein machen. Pandialo, grün um die Nase, kam hinter mir durchs Portal und meinte, sie möge den kleinen Trinker. Kurz drauf folgte ihr Velano und lachte. Magister Wolkensturm seufzte beim Ankommen ungläubig über die Reise. Ich versicherte mich schließlich, dass alle da seien und Magierin Weidenbaum bestätigte es. Der Zwerg äußerte sich ungläubig, dass es so einen Ort überhaupt gäbe.

 

Mir fiel auf, dass alle ein wenig erschöpft aussahen. Ich vielleicht auch. So überraschte es mich nicht, dass Aurayeli sich gleich verabschiedete. Pandialo rannte ihr gleich hinterher und Velano folgte. Also verabschiedete ich mich ebenfalls und machte mich auf den Heimweg. Ob ich Thaan von dem Abend erzählen sollte? Lieber nicht. Er macht sich sonst zu viele Sorgen.

N. Dunkelflüstern